Abmoosen „Luftableger“

Abmoosen  „Luftableger“

Allgemein:

Nach der Veröffentlichung in der "Bonsai Art" sind die ganzen, alten „Methoden“, wo nur ein Teil der Rinde entfernt wird wie z.B. mit Rindenzungen oder Rindenstreifen oder wo nur die Rinde mit einem Drahtring abgebunden wird, nicht sehr erfolgreich!

Die Begründung liegt darin, dass durch die restliche, durchlaufende Rinde der oben liegende Bereich des Baumes oder Astes weiter im Kreislauf der Nährstoffverteilung eingebunden ist. Was zur Folge hat das der Wurzelaustrieb hinausgezögert oder sogar ganz verhindert wird. Außerdem können die schmalen freiliegenden Teile wieder mit Kallus überwallt werden und somit würden sich auch dann keine neuen Wurzeln bilden.

Natürlich hat das komplette Entfernen eines Rindenstreifens, dessen Breite ca. den Durchmesser des Astes oder des Stammes entspricht, manchmal seine Tücken. Zumal dieser Eingriff oder „Prozeß“ für die Pflanze lebensbedrohlich sein kann! Dieses kann zwar einmal die neue Wurzelbildung besser und schneller vorantreiben, aber auch zur Folge haben, dass die oberen Teile des abzumoosenden Bereiches absterben können.

Abgesehen von den Risiken, ist die „Luftableger-Methode“ vor allem auch für den Amateur ideal, da sie einfach ist, billig und zu einem schnellen Erfolg führt. Jeder, der es einmal versucht hat, wird mit Befriedigung erlebt haben, wie in wenigen Wochen bzw. Monaten Wurzeln aus dem Nichts entstehen.

Die beste Zeit für das Abmoosen ist in der Regel, das zeitige Frühjahr.

 

Vorteile des Abmoosens:

Auch wenn wir das Abmoosen schon wegen des „Ausprobieren“ mit verschiedenen Methoden durchführen möchten, gibt es bestimmte Arbeitsabläufe die gleich bez. übertragbar sind. Doch bevor die einzelnen Methoden und Arbeitsabläufe beschrieben werden, gibt es andere Merkmale die wichtig sind um vorher aufgeführt zu werden:

  1. Einmal kann es sich beim Abmoosen um einen Bonsai oder eine Baumschulpflanze handeln wo z.B. kein richtiger Wurzelansatz vorhanden ist. Ein zu langer oder krummer Stamm passt nicht zur Form und muss korrigiert werden. Diese Fehler können durch das Abmoosen behoben werden.
  2. Oder wir haben eine große Garten- oder Topfpflanze, die uns als „Mutterpflanze“ dient und wir von ihr durch Abmoosen einzelner Äste gleich mehrere neue Bonsai  bekommen.

Ganz gleich ob wir nur einen Baum oder mehre gleichzeitig abmoosen, so haben wir durch diese Technik noch an der Vorteile:

  • Innerhalb sehr kurzer Zeit, bezogen auf den sonstigen Gestaltungzeitraum, verfügen wir nach 2-4 Jahre über sehr schöne aussagekräftige Bäume.
  • Schon während der neuen Wurzelbildung kann der Stamm und Astbereich des zukünftigen Bonsais, durch Schneiden usw.,  gestaltet werden.
  • Früher gab es die Regel, dass der Ast oder Stamm, für das Abmoosen, nicht dicker als ca. 2cm sein durfte, und nicht älter als 1-2 Jahre sein sollte. Heute gibt es Berichte in denen gezeigt wird ,dass sogar Stämme von der Dicke bis zu 16 cm abgemoost werden können!

Wodurch und warum bilden sich beim Abmoosen neue Wurzeln?

Im Inneren, des Baumes existieren Leitungsbahnen, die den Pflanzensaft von den Wurzeln zu den Blättern transportieren. Im äußeren Bereich gibt es andere, die dann die Photosyntheseprodikte von den Blättern abwärts zu allen Baumteilen, also auch den Wurzeln bringen. Außerdem hat der Baum zwischen Holz und Rinde eine Wachstumsschicht, die Kambium genannt wird. Diese besitzt die Fähigkeit, sowohl Blätter als auch Wurzeln zu produzieren, je nach dem ob es sich über oder unter der Erde befindet. Das ist also abhängig davon, wieviel Licht und Feuchtigkeit in der unmittelbaren Umgebung vorhanden ist. Zudem muß das Kambium in irgendeiner Form zur Zellteilung angeregt werden. Der Baum steuert dann von sich aus die chemischen Abläufe, die zum Dickenwachstum des Stammes und zur Bildung von Ästen und Wurzeln führen. Der Stamm würde an einer mit Erde bedeckten Stelle, auch ohne weitere Eingriffe, über kurz oder lang Wurzeln treiben. Wenn dieser Vorgang jedoch beschleunigt werden soll, müssen wir dem Kambium einen Schaden zufügen, der es zwingt, neue Zellen zu bilden und sich so schnell wie möglich an die geänderten Bedingungen anpasst.

 

Beispiel des Abmoosens bei einer Schlehe

Als erstes schauen wir uns den Stamm bzw. den abzumoosenden Teil der Pflanze genau an. Markieren Sie sich die zukünftige Wurzelbasis mit einem Stück Kordel. So können Sie besser beurteilen, ob die Proportionen des zukünftigen Bonsais stimmen. Lassen Sie sich ruhig dazu einmal einen Tag Zeit und beurteilen diese Position. Wenn Sie nun überzeugt sind, dass alles stimmt ,können Sie an die Arbeit gehen.

Schneiden Sie nun entlang der Markierung mit einem scharfen Messer (ein Teppichmesser eignet sich hierzu vorzüglich, aber Vorsicht, da es sehr scharf ist) die Baumrinde bis auf das Holz ein. Ein weiterer Schnitt muss 4-5 cm unterhalb in gleicher Weise durchgeführt werden. Der zwischen diesen 2 Schnitten noch bestehende Rindenteil wird dann vorsichtig entfernt, so dass Sie nur noch den Holzteil sehen.

Wenn Sie diesen Schnitt sauber ausgearbeitet haben, nehmen Sie nun einen 3-4 mm dicken Bonsaidraht aus Aluminium und befestigen ihn stramm. Genau unterhalb der oberen Schnittstelle

Nun nehmen Sie reichlich frisches Spagnummoos (bekommen Sie fast immer in jedem Blumengeschäft) und wickeln die vorbereitete Stelle damit dick ein. Zum befestigen des Mooses eigenet sich besonders eine dünne Angelschnur aus Kunststoff. Anschließend wird um diese vorbereitete Stelle ein Stück Plastikfolie befestigt, um ein Austrocknen zu vermeiden..

Achten Sie in der folgenden Zeit bis zur guten Durchwurzelung darauf, dass das Moos nie trocken wird.

Nach der erfolgten Bewurzelung und einer guten Wurzelausbildung können Sie im Herbst unterhalb des Wurzelansatzes den Bewurzelten Teil vorsichtig abschneiden. Unter Umständen ist es möglich, dass Sie auch die Zweige noch etwas einkürzen müssen, um ein besseres Anwachsen zu gewährleisten. Pflanzen Sie dann, den bewurzelten Baum in ein Topf und verwenden Sie die Grundmischung für Outdoorbonsai. Lassen Sie dem Baum 1-2 Jahre Zeit um genügend Wurzeln auszubilden

Diese Technik  kann sowohl bei Laubbäumen, blühenden bzw.fruchttragenden Laubbäumen und Nadelbäumen durchgeführt werden.
Dabei liegt der Zeitpunkt vom Frühjahr bis zum frühen Sommer. Der Zeitraum bei Laubbäumen von ca. 6 Wochen bis 6 Monate und bei Nadelbäumen von 4 Monaten bis 2 Jahren. Diese Angaben sind aber nur Richtwerte und können somit sehr unterschiedlich ausfallen.
Meine bisherigen Erfahrungen zeigen, dass sich Fächerahorn, Hainbuchen und Ulmen am besten und schnellsten dazu eignen.

Aber auch das sind nur meine Erfahrungen!
Ich wünsche Ihnen viel Spaß und vor allem viel Erflog mit dieser Technik und würde mich sehr freuen, wenn Sie uns Ihre Erfahrungen und Ergebnisse  mitteilen.

 

Reinhard Witte

 

Nach oben